Martin Pätzold und Achim Stößer

Fleisch, in dem noch Blut ist

Wie Juden und Moslems zu Nichtmenschen stehen

„Eure Furcht und euer Schrecken soll auf alle Tiere des Landes und auf alles Geflügel des Himmels kommen. Alles, was auf Erden sich bewegt, und alle Fische des Meeres sind in eure Gewalt gegeben. […] Doch Fleisch, worin das tierische Leben, nämlich Blut ist, sollt ihr nicht essen.” (1. Mose 9,2-4 Tora1 [Mendelssohn]) Diese Moses zugeschriebene, angebliche Anweisung „Gottes” in der Tora respektive im Alten Testament hat auf die religiösen Riten mancher abrahamitischen Sekten einen – auch im Wortsinn – einschneidenden Einfluß.2

Religiöser Speziesismus

Juden, Christen3 und Moslems gemein ist dabei der ihrer Religion inhärente Speziesismus, der einen Herrschaftsanspruch über andere, nichtmenschliche Tiere manifestiert. Nicht nur Christen versuchen, diesen Despotismus – ungeachtet der Formulierung „Furcht und Schrecken”, die eindeutiger nicht sein könnte – schönzureden: „Es sollte kein Zweifel daran bestehen, daß der Begriff der Herrschaft (des Menschen über die Natur) wie er in der Tora erwähnt wird, nicht bedeutet, daß ein Despot das Ruder ergreift und alle anderen Lebewesen tyrannisiert und sie unterjocht, um eigene selbstsüchtige Interessen mit kaltem Herzen zu verfolgen. Dies lag nicht im Sinn des Schöpfers der Welt, der sich ja gerade durch Milde, Gnade, und Mitgefühl auszeichnet […].” (Rabbi Abraham Kook)4 Fast könnte man annehmen, die Gläubigen kennen ihre eigenen Schriften samt der darin enthaltenen Schilderungen ihrer blutrünstigen Gottheiten nicht – aber müßte ein Rabbi es nicht besser wissen?

Dabei ist dieser Dünkel vom Menschen als „Krone der Schöpfung” so fest in unserer von religiösen „Werten” geprägten Gesellschaft verankert, daß selbst viele Atheisten sich davon nur schwer befreien können, obwohl ihnen klar ist, daß wir Menschen ebenso wie alle anderen Affen5 durch Evolution aus einfachen Einzellern hervorgegangen sind.

Schächten

Insbesondere6 bei jüdischen und moslemischen Vielzellern führt diese „göttliche” Anweisung dazu, daß das Töten von Tieren, deren Leichen verzehrt werden sollen, bestimmten Ritualen zu folgen hat. Die Vorläufer des Islam – Judentum und Christentum – stellten, so glauben Moslems, allerdings „die einzig wahre Religion” verfälscht dar, so daß „Gott” Mohammed habe schicken müssen, um der Menschheit letztmals das wahre Wort Gottes zu übermitteln, nachzulesen im Koran.7 Darin weist „Gott” jedoch an: „Verboten ist euch (der Genuß von) Verendetem, Blut, Schweinefleisch und dem, worüber ein anderer (Name) als Allah(s) angerufen worden ist, und (der Genuß von) Ersticktem, Erschlagenem, zu Tode Gestürztem oder Gestoßenem, und was von einem wilden Tier gerissen worden ist – außer dem, was ihr schlachtet – und (verboten ist euch,) was auf einem Opferstein geschlachtet worden ist, und mit Pfeilen zu losen.” (Sure 5, Vers 3)8

Dies bedeutet in der Praxis, daß Tiere, um koscher9 bzw. halal10 zu sein, meist geschächtet11 werden müssen. Das bezieht sich auf – je nach Spezies und Sekte teils unterschiedliche – Handlungsweisen beim Töten.12 So muß etwa der Schochet13 Säugetieren den Hals bis zur Wirbelsäule durchtrennen, Vögeln Luft- oder Speiseröhre; beim moslemischen Schächten werden Kamele mit einem Bruststich, andere Tiere mit einem Schnitt durch eine oder beide Halsschlagadern zum Entbluten gebracht.14 In beiden Religionen wird dabei bzw. zuvor „Gott” angerufen.15 Vor allem aber muß das Durchschneiden der Kehle bei vollem Bewußtsein erfolgen.16 Sinn dessen soll ein „vollständiges Ausbluten” der Tiere sein. Dabei handelt es sich jedoch um wissenschaftlich unhaltbaren Aberglauben: Zum einen verbluten die Tiere mit Betäubung im gleichen Maß wie ohne,17 zum anderen ist die Leiche weder mit noch ohne Betäubung nach dem Ausbluten vollständig blutleer, sondern enthält noch etwa 40% des Gesamtblutes.18 Der Blutgehalt mag geringer sein als der von Blutwurst, aber so viel wie „englisches Steak” enthalten die Leichenteile allemal.19

Im Judentum ist die „Jagd” bis auf „Fallenjagd” verboten, weil man nur so das lebende („unverletzte”) Tier schächten kann.20 Im Islam hingegen ist die „Jagd” als „formlose Schlachtung” erlaubt,21 wenn dabei der Name Allahs ausgesprochen wird. Gemäß Tierschutzgesetz (§4, Abs. 1) ist das Töten von Tieren bei der Jagd ausdrücklich erlaubt, obwohl sie, wenn sie angeschossen und erst durch „Nachsuche” gefunden werden, ohne Betäubung langsam verbluten und so unbetäubt getötete Tiere in den Mägen z.B. auch von christlichen, „Wild” konsumierenden Schächtgegnern landen.

Eine weitere Begründung (neben dem Ausbluten) lautet, daß die Betäubungsmethoden die Tiere verletzen und damit „unrein” machen würden; zur rituellen Schlachtung erlaubt sind jedoch nur „reine” Tiere. Das wird hauptsächlich aus dem „Aas-Verbot” abgeleitet (sowohl nach jüdischer wie auch nach moslemischer Religion ist „Aas” nicht gestattet)22, was dahingehend interpretiert wird, daß „Aas” aufgrund der „Beschädigungen” des Tierkörpers als unrein gilt und deshalb generell beschädigte/verletzte Tiere verboten sind. Die Tiere müssen daher in wichtigen inneren Organen (wozu auch das Gehirn zählt) unverletzt sein, um als rein zu gelten.23

Der Bolzenschuß verletzt das Tier offenkundig, aber auch die Betäubung mit Strom wird in der Regel abgelehnt, weil dadurch im Gehirn kleine Gefäßblutungen, die als Verletzung gelten, entstünden und die Betäubung mit Gas (CO2), weil die Gefahr bestehe, daß die Tiere ersticken und dadurch zu „Aas” würden.24 Eine Betäubung (meist Elektro-Kurzzeit-Betäubung25, manchmal auch Bolzenschuß26) vor, häufiger kurz nach dem Schächtschnitt wird hingegen von manchen Juden und Moslems akzeptiert, obwohl das wiederum der Behauptung widerspricht, eine Betäubung wäre dem Ausbluten abträglich.

Blut und Seele

Beim Schächten handelt es sich also primär um magische27 Handlungen (auch wenn es gelegentlich gesundheitliche Vorteile bringen mag wie etwa das Verbot, kranke Tiere zu schlachten und dann zu essen). Solche beschränken sich keineswegs auf Zaubersprüche (Gebete, das Segnen von Waffen, Handys28, Transsubstantiation29 usw.). Gerade Blut spielt dabei oft eine nicht unwesentliche Rolle, z.B. das Verspritzen des Bluts von Opfertieren30 oder das Pessachfest, bei dem Blut von Lämmern an die Türpfosten gestrichen werden mußte, damit der „Herr”, nicht ganz so allwissend, die Häuser der Juden erkannte und sie verschonte.31 Grundgedanke ist dabei die Vorstellung, das Blut sei bzw. enthalte die „Seele”. Deutlich wird dies auch in der Revidierten Elberfelder Bibelübersetzung: „Nur halte fest daran, kein Blut zu essen! Denn das Blut ist die Seele, und du sollst nicht die Seele mit dem Fleisch essen.”32

Der Grund, weshalb die „Seele” nicht konsumiert werden darf, ist der, daß sie „Gott” gehört (der ohnehin, wie etwa die ersten der zehn Gebote zeigen, nicht wenig ichbezogen ist): „Das Blut, der Sitz des Lebens, gehöre als etwas Heiliges dem Schöpfer, von dem alles Leben ausgehe, und müsse zu ihm zurückkehren, um Gott mit dem sündigen Menschen zu versöhnen.”33 Und wenn das nicht geschieht, wenn jemand doch Blut konsumiert, wird „Gott” ziemlich ungehalten und droht mit Ausrottung.34 Im Islam ist es ähnlich: Es gilt als Verfehlung gegenüber Allah, „eigenmächtig Lebensenergie einer anderen Kreatur über deren Blut in sich aufzunehmen”35.

Weltliche Gesetze

In einigen europäischen Ländern ist Schächten ganz verboten oder eingeschränkt, in den meisten ist es (unter Auflagen) erlaubt. In der Entscheidung über einen Streitfall über die Zulässigkeit des Schächtens in Frankreich entschied das Gericht, daß es nach Art. 936 der Europäischen Menschenrechtskonvention als religiöse Praxis gedeckt sei.37

In Österreich wurde das Schächtverbot von 1982 durch den Verfassungsgerichtshof im Jahr 1999 aufgehoben mit der Begründung, im Sinn dieses Artikels sei ein Schächtverbot ein „nicht zu rechtfertigende[r] Eingriff in die Religionsfreiheit”38.

In der Schweiz besteht seit 1893 ein absolutes Schächtverbot (regional seit 1854), das 1981 ins Tierschutzgesetz übernommen wurde. Es gilt jedoch nicht für Vögel.

In Deutschland ist das Schächten im Tierschutzgesetz mit Ausnahmegenehmigung und unter verschiedenen Auflagen erlaubt.39 Maßgeblich ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2002,40 also vor der Aufnahme des Tierschutzes ins Grundgesetz (Art. 20a), jedoch hatte auch dies keine relevante Auswirkung, da in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts von 2006 das Schächten betreffend die Religionsfreiheit höher als der jetzt eigentlich verfassungsrechtlich gleichrangige Tierschutz gewertet wurde.41

Dem Einwand, daß Religionsfreiheit nicht das Recht einschließe, seine Nahrung völlig frei zu wählen und deshalb auf „Fleisch” verzichtet werden müsse, wenn dessen Herstellung nicht mit dem Tierschutzgesetz vereinbar sei, hielt das Bundesverfassungsgericht entgegen, daß „der Verzehr von Fleisch zum sozialüblichen Standard beim Essen gehöre”42. Dabei gelten für Juden oder Moslems ja gerade zahlreiche, wenn auch nicht ethisch, sondern religiös motivierte, abstrus begründete Verbote – etwa Schweine, Hunde, Hasen, Geier usw. zu verzehren.43 Sie müßten dies also lediglich um einige wenige Spezies erweitern.44 Den Einwand, sowohl im Islam allgemein als auch in der sunnitischen Ausrichtung, zu der der Kläger gehörte, sei die Betäubung von Tieren zulässig und daher das Schächten nicht notwendig, wies das Bundesverfassungsgericht mit dem Hinweis zurück, daß unter einer „Religionsgemeinschaft” auch eine „konkrete, gegebenenfalls innerhalb einer solchen Glaubensrichtung bestehende Religionsgemeinschaft” zu verstehen sei.45

Schächten und Tierschutz

Dies, die fehlende Betäubung (nicht etwa das Wesentliche, die Tötung an sich), ist Hauptkritikpunkt vieler Tierschützer. Denn beim Tierschutz geht es im Gegensatz zu Tierrechten nicht darum, das Recht auf Leben und physische und psychische Unversehrtheit zu bewahren, sondern darum, die Ausbeutung so zu reformieren, daß sie unbeanstandet fortgesetzt werden kann: nicht das Leben der Tiere steht im Vordergrund, sondern das gute Gewissen der Tierschützer. So wundert es nicht, wenn sie die, die sie zu schützen vorgeben – je nach Spezies – essen. Auch übrigens, wenn die Tiere geschächtet wurden: nur ein verhältnismäßig geringer Teil46 eines nach jüdischem Ritus getöteten Tiers ist überhaupt koscher, ein Großteil nur sehr aufwendig (durch Entfernen der Adern, Venen, Sehnen und der Fett- und Talgschichten)47 entsprechend zu bearbeiten. So landet der nicht unerhebliche Rest auf den Tellern der Gojim48. Auch der an fast jeder Straßenecke zu habende Dönerkebab ist häufig helal (wenn auch nicht immer so gekennzeichnet). In Netzen gefangene Fische ersticken in der Regel unbetäubt, aber Fische sind für viele ohnehin keine Tiere, genauer ihre Leichen(teile) kein „Fleisch”: So mancher →Fischesser bezeichnet sich als Vegetarier; Katholiken umgehen das Fleischverbot an Fastentagen durch Verzehr von Fischen (was zur Folge hat, daß an Freitagen regelmäßig Fische auf der Speisekarte etwa in Kantinen oder Mensen steht (wobei früher von gläubigen Gourmands auch gern Vögel oder Säugetiere wie das Wasserschwein zu „Fischen” umtaxonomiert49 wurden); für Juden gelten fischhaltige Produkte als parve50, also u.a. „fleischfrei”. Grundsätzlich sind erlaubte Fische koscher bzw. halal, ohne geschächtet worden zu sein.51

Umgekehrt preisen Schächtapologeten und jüdische Tierschützer das Schächten als frühen Tierschutz: „Das historisch entstandene Handwerk der Schechita […] stellt einen enormen Fortschritt des Tierschutzes bei Schlachtungen dar. In Zeiten, als Tiere erstochen, erschlagen, erdrosselt, gesteinigt wurden, schrieb das Judentum die schonendst mögliche Methode des Schlachtens vor und entwickelte geeignete Methoden und Ausbildungsweisen.” (Hannah Rheinz)52 In Wahrheit ist davon natürlich nichts in „Gottes” Geboten zu finden. „Biblischer Tierschutz? Archaischer Respekt vor dem nichtmenschlichen Leben? Der nackte Egoismus einer Viehzüchterreligion!” (Karlheinz Deschner)53

Antisemitismus

Auch der nackte Egoismus einer gelegentlich als „säkulare Religion” charakterisierten Ideologie zeigt sich in diesem Zusammenhang: Schächten war zur Zeit des Nationalsozialismus ein häufiges Thema in antisemitischen Schriften, um die Grausamkeit des Schächtens und damit die „Verrohung der Juden” sowie die natürliche Abneigung des „Ariers” gegen diese „unnötige Grausamkeit” zu demonstrieren.54

Mit dem „Gesetz über das Schlachten von Tieren” vom 1. Mai 1933 wurde Juden die „rituelle Schlachtung” landesweit verboten (zuvor bereits 1930 in Bayern). Dies war auch Teil des umfangreichen Tierschutzgesetzes der Nazis vom November 1933, das mit Tierfreundlichkeit jedoch wenig gemein hatte. Die Betäubung beim „normalen” Schlachten war und ist eine Notwendigkeit der Arbeitspraxis und des Arbeitsschutzes. Ein betäubtes Tier läßt sich wesentlich einfacher handhaben und stellt keine Gefahr für die Arbeiter dar, indem es um sich tritt (wohingegen die Tiere beim Schächten deshalb gefesselt oder anderweitig fixiert werden). Das Ziel des Verbots war hauptsächlich die Diskriminierung der Juden, nicht der Tierschutz.55 Beim Vivisektionsverbot läßt sich das noch leichter erkennen, es betraf vor allem jüdische Wissenschaftler, während „arische” Ausnahmegenehmigungen erhielten56 und nicht wenige Tierversuche u.a. zur Entwicklung von Giftgasen durchgeführt wurden.57 Ähnlich verhielt es sich auch beim im Wesentlichen noch heute gültigen, ursprünglich antisemitisch motivierten „Rechtsberatungsgesetz”, das angeblich vor falscher Beratung schützen sollte.

Bis heute sind die Themen Schächtkritik und Tierschutz bei Nazis beliebt. Die Gruppe „Nationale Sozialisten – AG Tierrecht” verbreitete eine Abbildung aus dem Kapitel „Wie die Juden Tiere quälen” eines faschistischen Kinderbuchs, das eine Schächtszene zeigt und dazu schreibt: „Wieder stürzt das Tier zu Boden. Langsam stirbt es. Die Juden aber stehen herum und lachen dazu.”58

Santeria, Voodoo, Sikhismus und Hinduismus

Nicht nur Juden und Moslems töten Tiere als rituelle Handlung und ohne Betäubung. In der (katholisch-synkretischen) Santeria und im Voodoo betrifft das vor allem Tieropfer zu rituellen Anlässen und Festen. Hierbei wird das Blut jedoch nicht vermieden, sondern als Träger der „spirituellen Energie” getrunken.59

Im Sikhismus, einer Religion, die sich aus islamischen und hinduistischen Elementen zusammensetzt, wird die Schlachtung generell ohne Betäubung durchgeführt und erfolgt durch einen (meist nicht nur einen)60 Schlag ins Genick mit einem Beil oder Schwert.61 Auch hier findet sich das Blutverbot, die Anrufung „Gottes” und der Glaube, diese Methode sei die schmerzloseste und damit tierschutzgerechteste Tötungsmethode.62

Im Hinduismus werden in Tempeln verschiedenen Göttern (wie Shiva, Durga und Kali), um sie „für die Erfüllung ihrer Schutzfunktion” zu stärken,63 Tiere geopfert. In Dakshinkali werden zu Ehren von Kali wöchentlich Tausende Tiere – in einer Art Akkordschlachtung – geopfert.64 Das erreicht zum „Fest” von Bariyapur, zu Ehren von Gadhimai, einen Höhepunkt, wenn mehr als 300000 Tiere zusammengetrieben und in wenigen Tagen getötet werden.65 Sie werden – wie im Sikhismus – ohne vorherige Betäubung mit einem Schwert oder Beil geköpft.

Der Konflikt zwischen Töten und dem Ahimsa-Gebot66 wird durch ein „Befriedungsritual” umgangen, „mit dem symbolisch die Einwilligung des Geopferten eingeholt wird”67, bzw. umgehen es die Brahmanen (die so ihre Reinheit beschmutzen würden) dadurch, daß sie diese Arbeit von weniger „heiligen” Personen ausführen lassen.68 Auch die religiös geprägte Tierschutzbewegung in Indien, die gegen die Büffelopfer vorgeht (nicht aber gegen Tieropfer im Allgemeinen), hat genauso wenig altruistisch-tierrechtlerische Anliegen wie jüdische oder moslemische Ablehnungen des Schächtens: hier geht es schlicht darum, die ländliche Stammesbevölkerung zu einem „reinen” Hinduismus zu bekehren.69

Fazit

Die Diskussion um das Minarettverbot in der Schweiz zeigte deutlich die strukturelle Identität von Speziesismus und Theismus. Minarette und Schächten sind religiös bedingt. Wer nur dies kritisiert, greift zu kurz. Kritik daran hat häufig einen ausländerfeindlichen Hintergrund. Nazis lehnen Minarette und Schächten ab, nicht jedoch christliche Kirchen oder christliches Schlachten. Menschen- bzw. Tierrechtlern geht es nicht um Lärm- oder Tierschutz, sondern um Menschenrechte/Antitheismus bzw. Tierrechte/Antispeziesismus. Religion und Tierausbeutung sind abzulehnen und damit auch Kirchen und Morde (welcher Sekte bzw. Mordmethode auch immer); einschließlich Moscheen und Schlachten, einschließlich wiederum Minaretten und Schächten. Nicht durch Gewalt, wie Theisten bzw. Speziesisten, die damit ihre eigene Denkweise projizieren, vielfach unterstellen, sondern im Gegenteil die der Religion und dem Unveganismus immanente Gewalt ablehnend. Das bedeutet, den theistischen wie den speziesistischen Wahn aus den Köpfen zu bekommen.


1hebr. „Anweisung, Belehrung”, allgemein die Gesamtheit der jüdischen Lehren, im engeren Sinne die göttliche Offenbarung (248 Ge- und 365 Verbote), niedergelegt im Pentateuch (1.-5. Buch Mose)

2weitere Blut-Verbote im Alten Testament: „Wo immer ihr wohnt, dürft ihr kein Blut genießen, weder von Vögeln, noch vom Vieh.” (3. Mose 7,26 EU), „Jeder Mann aus dem Haus Israel oder jeder Fremde in eurer Mitte, der irgendwie Blut genießt, gegen einen solchen werde ich mein Angesicht wenden und ihn aus der Mitte seines Volkes ausmerzen. Die Lebenskraft des Fleisches sitzt nämlich im Blut. Dieses Blut habe ich euch gegeben, damit ihr auf dem Altar für euer Leben die Sühne vollzieht; denn das Blut ist es, das für ein Leben sühnt. Deshalb habe ich zu den Israeliten gesagt: Niemand unter euch darf Blut genießen, auch der Fremde, der in eurer Mitte lebt, darf kein Blut genießen. Jeder unter den Israeliten oder der Fremde in eurer Mitte, der Wild oder für den Genuss erlaubte Vögel erlegt, muss das Blut ausfließen lassen und es mit Erde bedecken.” (17,10-14); „Ihr sollt nichts mit Blut essen. Wahrsagerei und Zauberei sollt ihr nicht treiben.” (19,26); „Allein achte darauf, dass du das Blut nicht isst; denn das Blut ist das Leben; darum sollst du nicht zugleich mit dem Fleisch das Leben essen” (5. Mose 12,23 EU)

3Vgl. dazu Achim Stößer, Wie Bibeln und Christen zu Nichtmenschen stehen / Teil 1: Furcht und Schrecken sei über allen Tieren. Voice, Nr. 29, April 2002 und Teil 2: Unser tägliches Fleisch gib uns heute. Voice, Nr. 30, Juli 2002

4zit. nach http://tierimjudentum.de/1894223.htm, Stand 31.01.2010

5Das Bewußtsein dafür, daß Menschen und andere Affen gemeinsame Vorfahren haben (populär fälschlich als "der Mensch stammt vom Affen ab" verkürzt), wächst: laut einer demoskopischen Umfrage vertraten 2009 fast zwei Drittel aller Deutschen diese Ansicht, was einen kontinuierlichen Anstieg der Vernunft seit 1970 (38%) bedeutet. Erschreckenderweise bestritt auch im 21. Jahrhundert jedoch immer noch jeder fünfte Deutsche eine Verwandtschaft zwischen Menschen und Affen, jeder dritte Katholik und jeder fünfte Protestant vertraten eine kreationistische Auffassung (MIZ 2/09p54)

6Auch auf manchen christlichen Glauben hat dies bemerkenswerten Einfluß: die Zeugen Jehovas interpretieren dies (zusammen mit „Denn der Heilige Geist und wir haben beschlossen, euch keine weitere Last aufzuerlegen als diese notwendigen Dinge: Götzenopferfleisch, Blut, Ersticktes und Unzucht zu meiden.”, Apg 15:28f EU) recht frei zu einem Bluttransfusionsverbot, was auch für manche Kinder tödlich endet, wenn nicht Ärzte bzw. Richter der Religion ausnahmsweise einen Riegel vorschieben.

7arab. al-qur'an, „das zu Rezitierende, zu Lesende”. Koran und Sunna, die durch Überlieferung (Hadith) behaupteten Gewohnheiten Mohammeds, sind die Handlungsmaximen der Moslems und Grundlage islamischer Gesetze

8Auch im Koran findet sich das Blut-Verbot mehrmals, so in Sure 6, Vers 145: „Sprich: «Ich finde in dem, was mir offenbart ward, nichts, das einem Essenden, der es essen möchte, verboten wäre, es sei denn von selbst Verendetes oder vergossenes Blut oder Schweinefleisch – denn das ist unrein – oder Verbotenes, über das ein anderer Name angerufen ward als Allahs. Wer aber durch Not getrieben wird – nicht ungehorsam und das Maß überschreitend -, dann ist dein Herr allverzeihend, barmherzig.»”

9jidd. koscher, hebr. kâšçr „tauglich, recht”

10arab. halāl, „rein, erlaubt” (türkisch: helal)

11hebr. šacḥaṭ, „schlachten”; diese Methode wurde vermutlich von den Altägyptern übernommen, die sie auch bereits u.a. für rituelle Schlachtungen („Götteropfer”) anwandten, vgl. Ozari, siehe Anm. 14, S. 11-13

12Das Schächten ist natürlich nur ein Aspekt des Verhältnisses von Juden und Moslems zu nichtmenschlichen Tieren, jedoch einer, der dabei häufig wegen des Unterschieds zum nicht minder tierfeindlichen Christentum im Vordergrund steht und daher hier vorrangig behandelt werden soll.

13hebr. „Schlachter”

14Roni Ozari: Rituelles Schlachten bei Juden (Schechita), Muslimen (Dhabh) und Sikhs (Jhatka), Diss., München 1984, S. 12, 65, 57f.

15Judentum: „Gelobt seist du, Herr unser Gott, du König der Welt, der du uns geheiligt hast mit deinen Geboten und uns befohlen hast das Vieh zu schlachten.” Im Islam ist der Wortlaut nicht festgelegt, es heißt nur, es solle „der Name Allahs” ausgerufen werden (z.B. Sure 5, Vers 3, s.o.), in der Praxis verwendete Wortlaute sind „im Namen Gottes” oder „mit Erlaubnis Gottes”.

16Natürlich gibt es je nach Sekte auch hier teils wesentliche Unterschiede (Reformjuden sowie einige Moslems lassen eine Betäubung vor oder nach dem Schnitt zu, viele Moslems akzeptieren auch nach jüdischem Ritus getötete Tiere). Nicht umsonst gab und gibt es den einen oder andern (gern auch „bewaffneten”) „Konflikt” zwischen Christen und Moslems, Katholiken und Protestanten, Schiiten und Sunniten usw., Kriege über die Frage, um es mit Swift zu sagen, ob das Ei am spitzen oder am stumpfen Ende aufzuschlagen ist (auf die Idee, daß das völlig bedeutungslos ist oder gar, daß man Eier überhaupt nicht aufschlagen sollte, kommt dabei offenbar kaum einer der Beteiligten).

17Chrystall/Devine/Newton: Residual blood in lamb muscles, in: Meat Science 5 (1981), S. 339-345; Kallweit/Ellendorf/Daly/Schmidt: Physiologische Reaktionen bei der Schlachtung von Rindern und Schafen mit und ohne Betäubung, in: Deutsche Tierärztliche Wochenschrift 96 (1989), S. 89-92

18Blackmore/Delany: Slaughter of Stock. Publication No. 118, Veterinary Continuing Education, Massex University (New Zealand), Palmerston North 1988; Warriss, P.D.: Exsanguination of animals at slaughter and the residual blood content of meat, in: Veterinary Record 115 (1984), S. 292-295

19Zum Konsum erlaubt sind außerdem die Organe Leber und Milz (die wie alle Organe deutlich mehr Blut enthalten als Muskulatur), so lautet Hadith 11 im Kapitel „Die Wässer” aus dem „Buch der Reinheit” überliefert von Baihaqi: „Ibn ’Umar, ALLAHs Wohlgefallen auf ihm, berichtete: Allahs Gesandter, ALLAHs Friede und Heil auf ihm, sagte: «Zwei Arten von verendeten Tieren und zwei Arten von Blut wurden uns erlaubt. Die zwei Arten von verendeten Tieren sind Heuschrecken und Fisch, während die zwei Arten von Blut die Leber und die Milz sind.»”

20Sibylle Horanyi: Der Schächtverbot zwischen Tierschutz und Religionsfreiheit. Eine Güterabwägung und interdisziplinäre Darstellung von Lösungsansätzen (Basler Studien zur Rechtswissenschaft, Reihe B: Öffentliches Recht, Band 70), Helbing&Lichtenhahn-Verlag, Basel [u.a.] 2004, S. 106

21Ozari, siehe Anm. 14, S. 58, 131; vgl. auch Sure 5, Vers 4: „Sie fragen dich, was ihnen erlaubt sei. Sprich: «Alle guten Dinge sind euch erlaubt; und was ihr Tiere und Raubvögel gelehrt habt (für euch zu fangen), indem ihr (sie) zur Jagd abrichtet und sie lehret, was Allah euch gelehrt hat. Also esset von dem, was sie für euch fangen, und sprechet Allahs Namen darüber aus. Und fürchtet Allah, denn Allah ist schnell im Abrechnen.»”

22Judentum: u.a. 3. Mose 11,24 EU („An diesen Tieren verunreinigt ihr euch; jeder, der ihr Aas berührt, wird unrein bis zum Abend.”) und 17,15 („Jeder, sei er einheimisch oder fremd, der ein verendetes oder zerrissenes Tier isst, muss seine Kleider waschen, sich in Wasser baden und ist unrein bis zum Abend; dann ist er rein.”); Islam: u.a. Sure 5, Vers 3 (s.o.)

23Für das Judentum im Schulchan Aruch festgelegt, worin u.a. eine ausführliche „Fleischbeschau” (Bedika) angeordnet wird, um sicherzustellen, daß keines der wichtigen inneren Organe verletzt ist.

24Ozari, siehe Anm. 14, S. 128f.

25Wobei es hier (aufgrund der Kürze der Betäubung) oft doch zum „traditionellen”, betäubungslosen Schächten kommt, da diese Betäubung nur etwa eine Minute anhält, das Ausbluten jedoch Minuten dauert, sodaß die Tiere entsprechend schnell wieder zu Bewußtsein kommen. Ähnlich verhält es sich übrigens mit (nicht rituell getöteten) Vögeln wie etwa Hühnern, die üblicherweise zur Elektro-Betäubung an den Füßen hängen mit dem Kopf am Fließband in ein Wasserbad getaucht werden. Da sie nicht stillhalten, kommen viele gar nicht oder kaum mir dem Wasser in Berührung und werden somit nicht betäubt, bevor ihnen die Kehle aufgeschlitzt wird.

26Horanyi, siehe Anm. 20, S. 110

27Magie, pers., griech., „Zauberei”, die in den Anfängen aller Religionen nachweisbare Vorstellung übernatürlichen Einflusses auf Dinge, der durch Wunschvorstellungen, jedoch nur unter Beachtung bestimmter ritueller Handlungen lenkbar ist.

28„Vernetzt mit Gott”, SZ vom 13.01.2010

29Nach katholischer Lehre bei der Messe die reale(!) Umwandlung der Substanz von Oblaten und Wein in die Substanz des Körpers und Bluts ihres Halbgotts.

30Z.B.: „Der Priester soll sie zum Altar bringen, ihren Kopf abtrennen und ihn auf dem Altar in Rauch aufgehen lassen; ihr Blut soll gegen die Altarwand ausgepresst werden.” (3. Mose 1,15 EU)

31Pessach, aramäisch „Vorübergehen”, 2. Mose 12,6-14 EU: „[...] Gegen Abend soll die ganze versammelte Gemeinde Israel die Lämmer schlachten. Man nehme etwas von dem Blut und bestreiche damit die beiden Türpfosten und den Türsturz an den Häusern, in denen man das Lamm essen will. Noch in der gleichen Nacht soll man das Fleisch essen. Über dem Feuer gebraten und zusammen mit ungesäuertem Brot und Bitterkräutern soll man es essen. Nichts davon dürft ihr roh oder in Wasser gekocht essen, sondern es muss über dem Feuer gebraten sein. Kopf und Beine dürfen noch nicht vom Rumpf getrennt sein. Ihr dürft nichts bis zum Morgen übrig lassen. Wenn aber am Morgen noch etwas übrig ist, dann verbrennt es im Feuer! So aber sollt ihr es essen: eure Hüften gegürtet, Schuhe an den Füßen, den Stab in der Hand. Esst es hastig! Es ist die Paschafeier für den Herrn. In dieser Nacht gehe ich durch Ägypten und erschlage in Ägypten jeden Erstgeborenen bei Mensch und Vieh. Über alle Götter Ägyptens halte ich Gericht, ich, der Herr. Das Blut an den Häusern, in denen ihr wohnt, soll ein Zeichen zu eurem Schutz sein. Wenn ich das Blut sehe, werde ich an euch vorübergehen und das vernichtende Unheil wird euch nicht treffen, wenn ich in Ägypten dreinschlage. Diesen Tag sollt ihr als Gedenktag begehen. Feiert ihn als Fest zur Ehre des Herrn! Für die kommenden Generationen macht euch diese Feier zur festen Regel!”

325. Mose 12,23 ELB; auch diese Vorstellung wird mehrfach erwähnt, so in 3. Mose 17,11 ELB: „Denn die Seele des Fleisches ist im Blut, und ich selbst habe es euch auf den Altar gegeben, Sühnung für eure Seelen zu erwirken. Denn das Blut ist es, das Sühnung tut durch die Seele in ihm.”

33Winfried C. J. Eberstein: Das Tierschutzrecht in Deutschland bis zum Erlaß des Reichs-Tierschutzgesetzes vom 24. November 1933. Unter Berücksichtigung der Entwicklung in England (Rechtshistorische Reihe, Band 209), Peter-Lang-Verlag, Frankfurt/M. [u.a.] 1999, S. 214, Anm. 904

343. Mose 17,10 (Tora [Mendelssohn]): „Und wenn ein Mann aus dem Hause Jisraels oder ein Fremder, der sich bei euch aufhält, etwas Blut isst, so will ich meinen Zorn auf die blutessende Person legen und sie aus ihrer Nation ausrotten.”; 17,14: „Denn der Lebensgeist (oder das Persönliche) alles lebendigen Fleisches ist eins mit seinem Blute. Wer es isst, soll ausgerottet werden.”; 7,27: „Jede Person, welche irgendwelches Blut isst, soll aus ihrer Nation ausgerottet werden.”

35Horanyi, siehe Anm. 20, S. 131

36„(1) Jede Person hat das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit; dieses Recht umfasst die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu wechseln, und die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung einzeln oder gemeinsam mit anderen öffentlich oder privat durch Gottesdienst, Unterricht oder Praktizieren von Bräuchen und Riten zu bekennen.
(2) Die Freiheit, seine Religion oder Weltanschauung zu bekennen, darf nur Einschränkungen unterworfen werden, die gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig sind für die öffentliche Sicherheit, zum Schutz der öffentlichen Ordnung, Gesundheit oder Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.”

37EGMR, Slg. 2000-VII, 195 (§§73): „The Court next reiterates that Article 9 lists a number of forms which manifestation of one's religion or belief may take, namely worship, teaching, practice and observance (see the Kalaç v. Turkey judgment of 1. July 1997, Reports 1997-IV, p. 1209, § 27). It is not contested that ritual slaughter, as indeed its name indicates, constitutes a rite or ”rite” (the word in the French text of the Convention corresponding to ”observance” in the English), whose purpose is to provide Jews with meat from animals slaughtered in accordance with religious prescriptions, which is an essential aspect of practice of the Jewish religion.” (Übersetzung d. Aut.: „Das Gericht wiederholt folgend, daß Art. 9 eine Reihe von Formen, in denen sich die Religion oder der Glaube eines Menschen manifestieren kann, aufzählt, namentlich Verehrung, Lehre, Brauch und Heiligung […]. Es ist nicht umstritten, daß rituelles Schächten, worauf ja der Name hinweist, ein Ritual […] begründet, dessen Zweck es ist, Juden mit Fleisch von Tieren, die in Übereinstimmung mit den religiösen Vorschriften geschlachtet wurden, zu versorgen, was einen wesentlichen Aspekt der Ausübung der jüdischen Religion darstellt.”)

38VerfGH, EuGRZ 1999, 600 (602f.), vgl. Classen, Claus Dieter: Religionsrecht, Mohr-Siebeck-Verlag, Tübingen 2006, S. 174

39Wenn „die zuständige Behörde eine Ausnahmegenehmigung für ein Schlachten ohne Betäubung (Schächten) erteilt hat; sie darf die Ausnahmegenehmigung nur insoweit erteilen, als es erforderlich ist, den Bedürfnissen von Angehörigen bestimmter Religionsgemeinschaften im Geltungsbereich dieses Gesetzes zu entsprechen, denen zwingende Vorschriften ihrer Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den Genuss von Fleisch nicht geschächteter Tiere untersagen.” (TSchG §4a, Abs. 2, Nr. 2); ansonsten würde es als „unnötige Qualen verursachend” unter den Tatbestand Tierquälerei fallen, als was es nach der Forderung mancher Tierschützer gesehen werden soll.

40BVerfGE 104, 337

41BVerwG 3 C 30.05

42vgl. Classen, siehe Anm. 38, S. 93, mit Bezug auf BVerfGE 104, 227 (350 bzw. 353)

43 3. Mose 11

44Selbstverständlich gibt es auch Juden und Moslems, die sich vegetarisch ernähren. Umgekehrt nimmt nicht jeder Gläubige seine Religion gleichermaßen ernst, nicht nur unter Christen gibt es zahlreiche Karteileichen. So geben viele eigentlich moslemische in Deutschland lebende Türken ihren Kindern Gummibärchen aus Schweinegelatine, die im Zug der „BSE-Krise” die Rindergelatine verdrängt hat, ungeachtet der Tatsache, daß es ebenso vegane Gummibärchen (z.B. aus Apfelpektin) gibt, und auch ihr eigenes Eßverhalten ist nicht unbedingt orthodox. Bezeichnend hier auch der selbstironische jüdische Witz vom Rabbi, der in eine Metzgerei geht und sagt: „Ich hätte gern diesen Fisch.” – „Aber das ist ein Schinken.”, antwortet der Metzger, und der Rabbi erwidert: „Habe ich gefragt, wie der Fisch heißt?” So wundert es auch nicht, daß „Schweinefleisch” in Israel unter Decknamen („niedriges Rind”, „deutsches Schaf” oder „weißes Fleisch”) verkauft wurde („Schweinereien für jüdische Kochtöpfe”, Stuttgarter Nachrichten, 6.2.2010, „Tabubruch: Schinken für Israel”, Kurier, 11.2.2010).

45BVerfGE 104, 337 (354); so auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, 27.6.2000, Appl 27417/95; vgl. Kalb/Potz/Schinkele: Religionsrecht, WUV Universitätsverlag, Wien 2003, S. 220f.

46koscher sind nur die „Vorderviertel” der Tiere

47Laut der diversen Blut- (siehe Anm. 2) und Fett-Verbote wie „Der Priester lasse diese Teile auf dem Altar in Rauch aufgehen. Sie sind eine Feueropferspeise zum beruhigenden Duft für den Herrn. Das ganze Fett gehört dem Herrn. Als feste Regel gelte bei euch von Generation zu Generation an allen euren Wohnstätten: Ihr dürft weder Fett noch Blut genießen. […] Sag zu den Israeliten: Von Rind, Schaf oder Ziege dürft ihr keinerlei Fett essen. Das Fett eines verendeten oder zerrissenen Tieres kann zu jedem Zweck verwendet werden, doch essen dürft ihr es auf keinen Fall. Jeder, der dennoch das Fett eines Tieres isst, das man als Feueropfer für den Herrn darbringt, soll aus seinen Stammesgenossen ausgemerzt werden.” (3. Mose 3,16f. und 7,23-25 EU) sowie – bzgl. der (Muskel-)Sehnen am „Hinterviertel” – 1. Mose 32,33 EU: „Darum essen die Israeliten den Muskelstrang über dem Hüftgelenk nicht bis auf den heutigen Tag; denn er hat Jakob aufs Hüftgelenk, auf den Hüftmuskel geschlagen.”

48hebr., jiddisch „Nichtjuden”

49Taxonomie, griech. taxis „Ordnung, Anordnung” und nomos „Gesetz”, eigentlich „das Zugeteilte”, zu nemein „verteilen, zuteilen”, Einordnung der Lebewesen in ein biologisches System

50parve (jiddisch: parev „neutral”), „fleisch- und milchfrei”; solche Produkte sind aufgrund der Kaschrut, der jüdischen Speisegesetze, deshalb von besonderer Bedeutung, weil – abgeleitet aus „Du sollst ein Zicklein nicht in der Milch seiner Mutter kochen.” (5. Mose 14,21 EU; auch: 2. Mose, 23,19; 34,26) – „Fleisch” und „Milch” und selbst die für deren Zubereitung verwendeten Gerätschaften streng getrennt werden müssen, parvene Produkte können demnach mit beidem kombiniert werden.

51Verbotene Fische sind im Judentum solche ohne Schuppen und Flossen sowie „Raubfische”. Alle anderen sind vom Blutverbot indirekt ausgenommen: „Wo immer ihr wohnt, dürft ihr kein Blut genießen, weder von Vögeln, noch vom Vieh.” (3. Mose 7,26 EU); „Jeder unter den Israeliten oder der Fremde in eurer Mitte, der Wild oder für den Genuss erlaubte Vögel erlegt, muss das Blut ausfließen lassen und es mit Erde bedecken.” (3. Mose 17,13 EU) Im Islam sind Fische ohne Schuppen auch verboten, alle anderen gelten pauschal als halal, sofern sie außerhalb des Wassers getötet wurden.

52http://www.tierimjudentum.de/1894223.htm, Stand 11. Februar 2010

53„Das schwärzeste aller Verbrechen”, „Die Zeit”, 22. August 1997

54Theodor Fritsch: Handbuch der Judenfrage. Die wichtigsten Tatsachen zur Beurteilung des jüdischen Volkes, 49. Aufl., Hammer-Verlag, Leipzig 1944, S. 88-90

55Eberstein, siehe Anm. 33, S. 251f.

56Boria Sax: Animals in the Third Reich. Pets, Scapegoats, and the Holocaust, Continuum, New York [u.a.] 2000, S. 112

57Charles Patterson: „Für die Tiere ist jeden Tag Treblinka”. Über die Ursprünge des industrialisierten Tötens, aus dem Amerikanischen von Peter Robert, 1. Aufl., Zweitausendeins-Verlag, Frankfurt/M. 2004, S. 128

58vgl. Colin Goldner: Der braune Rand der Tierrechtsbewegung, in: Der Rechte Rand 108, Sept./Okt. 2007, S. 21f.

59Astrid Reuter: Voodoo und andere afroamerikanische Religionen, Beck-Verlag, München 2003, S. 48f., 63

60Die Tatsache, dass Henker bei Hinrichtungen mit dem Beil häufig daneben schlugen und so Schädel oder Schultern der Hinrichtungsopfer zerfleischten, ehe sie Nacken und Hals durchtrennten, war für den französischen Arzt Joseph-Ignace Guillotin Anlass, eine „humanere” Methode für legale Morde zu propagieren, bei der der Delinquent sorgfältig geköpft wurde: die daraufhin nach ihm benannte Guillotine. Unterstützt wurde er dabei von Charles Henri Sanson, dem Henker von Paris, der darauf hinwies, daß Henker bei mehreren Exekutionen in Folge müde wurden und das Richtschwert stumpf. Was nebenbei die Verfechter dieser Art des Schächtens, die dafür Tierschutzgründe anführen, Lügen straft.
Der Prototyp der Guillotine (noch mit sichelförmigem Fallbeil) wurde erfolgreich an Schafen getestet, versagte jedoch bei Experimenten mit menschlichen Leichen (ein weiteres Beispiel für die Nichtübertragbarkeit von Tierversuchen), so daß die heute bekannte, typische Form mit abgeschrägter Schneide entwickelt wurde. Die Guillotine war in der Schweiz bis 1940, in Österreich bis 1945, in Deutschland bis 1949 und in Frankreich bis 1981 in Gebrauch.
Der Einsatz der Guillotine aus „humanitären” Gründen weist eine bemerkenswerte Parallele zu der Kontroverse Tierschutz vs. Tierrechte auf: während Tierschützer „humanere Schlachtmethoden” fordern, lehnen Tierrechtler jede Form der Schlachtung ab, so wie Menschenrechtler jede Art der Todesstrafe ablehnen, statt die „humanere” des „Menschenschützers” Guillotin zu propagieren.

61Ozari, siehe Anm. 14, S. 93

62Ozari, siehe Anm. 14, S. 93, 106, 132

63Angelika Malinar: Hinduismus (Reihe Studium Religionen), Vandenhoeck&Ruprecht-Verlag, Göttingen 2009, S. 136, 143, 150

64http://www.umdiewelt.info/unterwegs/2008/05/19/dakshinkali/, Stand vom 11. Februar 2010

65„Massenandrang bei Tieropferfest – zwei Tote” und „Das große Schlachten”, Süddeutsche Zeitung, Stand 25.11.2009; „Gläubige Hindus opfern über 300.000 Tiere”, http://rp-online.de/panorama/ausland/Glaeubige-Hindus-opfern-ueber-300000-Tiere_aid_787114.html, Stand 24.11.2009

66Sanskrit „Nicht-Töten”

67Malinar, siehe Anm. 63, S. 40, 245

68Malinar, siehe Anm. 63, S. 155, 192

69Malinar, siehe Anm. 63, S. 150

Eine Kurzfassung dieses Artikels erschien in MIZ 1/10
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